Pater Mallory

“Ermo…?“ Was? Er wurde blass. “Der Kopf?“ Ungläubig blickte er den jungen Mann an. Er kannte Marc Lawrence schon dessen ganzes Leben lang, genau wie seine Familie, sonst wäre er vielleicht geneigt gewesen, dass alles für einen üblen Scherz zu halten.
Langsam wich er zurück und setzte sich auf eine der Bänke, die hier für die Hinterbliebenen standen.
“Wer tut denn so was?“, murmelte er geschockt vor sich hin. Er kannte den Küster so viele Jahre. Nicht selten hatten sie auch mal Abends bei einem Bier den Tag gemeinsam ausklingen lassen. Eugene war ein herzensguter Mensch, wer sollte ihm so etwas grausames antun … und das hier … in seiner Kirche.
Kopf schüttelnd starrte er ins Leere und bekam darum nicht so wirklich mit, was die Officer taten oder was zwischen den Polizisten gesprochen wurde...




Fahrig, weil über das Polizei-Aufgebot auf seinem Friedhof, nickte er zu den Begrüßungen.
Wer würde denn den Kopf einer zerfetzten Leiche auf einen Zaun spießen wenn er ihn fand? Nein, … sie wollte sich gar nicht vorstellen wer das tun wollen würde. Es gab einfach kranke Menschen, dass wusste sie nun auch zu gut.
Wenn es denn ein Mensch war! Sie konnte es nicht verhindern, dieser Satz drängte sich nach allem was sie schon erlebt hatte sehr eigenständig auf. Sie würde sicher nicht anfangen, alles was geschah auf mysteriöse Vorgänge zu schieben, aber ganz normal war das hier alles auch nicht.
Auf diese oder jene Weise.
Langsam schüttelte sie den Kopf. “Ich finde nicht, dass es zufällig wirkt.“, antwortete sie dann überlegend. “Für mich sieht es eher so aus, als wäre der Kopf ganz bewusst präsentiert. Direkt an der Straße, wo er gesehen werden MUSS. Das ist … fast wie eine Botschaft, als wollte er das Opfer anprangern.“
Zumindest war das in etwa ihr erster Eindruck. Für etwas genaueres würde sie mehr Zeit und ein wenig Ruhe brauchen.

Ein Handy piepste penetrant und Dr. Tyrell trat eine Entschuldigung murmelnd zur Seite, um den Anruf anzunehmen.

Einen Moment war sie dadurch abgelenkt gewesen, konzentrierte sich aber dann wieder auf Damian, der erklärte warum er einen Stempel für unwahrscheinlich hielt. Aber ein Tier klang seinen Worten nach ebenso unwahrscheinlich.

Auch wenn sie es doch einigermaßen beruhigend fand, dass es vielleicht immerhin noch im Bereich des möglichen lag, dass ein „normaler“ Mensch das hinterlassen haben könnte. “ Wer würde denn so einen Aufwand betreiben? Und vor allem wozu?“ Skepsis lag in ihrem Blick.
“Ich meine. Es hatte schon geschneit und hätte doch auch ebenso gut noch weiterschneien können. Also hätte er einen Stempel oder was auch immer besorgen müssen, darauf hoffen, dass es an Halloween schneit und das es nicht weiterschneien würde, wenn er seine Pfote platziert hat. Und warum dann nur eine … eine ganze Spur wäre doch viel spektakulärer gewesen…“ Sie zuckte mit den Schultern. Sinn ergab das von ihrer Warte aus betrachtet leider nicht.

Und es war auch kein Grund auf einen Grabstein zu klettern. Sie schwieg zwar dazu, blickte aber Aleks recht missbilligend an, ehe sie sich zu dem Pfarrer herum drehte, der sich genähert hatte und nun Marc begrüßte.“Guten Morgen Pater!“, begrüßte sie den alten Herrn mit leiser Stimme, auch wenn der das scheinbar gar nicht wahrnahm, was nun angesichts der Umstände nicht so verwunderlich war. Trotzdem blickte sie den Geistlichen mitfühlend an, bis Marc plötzlich herum fuhr und Aleks andonnerte.
Sie drehte sich ebenfalls wieder zu den anderen herum. Von dem Stein war Aleks zwar rasch wieder herunter gekommen, aber stattdessen forderte er Damian dazu auf hoch zu klettern.
Einen Moment lag war sie verwirrt, ehe dann doch so richtig bei ihr ankam, wo genau auf dem Friedhof sie gerade standen. Persönlich involviert, kannte man das wohl.
Sie biss sich auf die Lippen! Oh ja, sie fing an diesen Tag richtig ätzend zu finden.
Müde schloss sie kurz die Augen, aber das war auch noch nie eine Lösung gewesen.

Sie trat näher zu dem Mann und berührte dabei unauffällig flüchtig seinen Ellbogen. “Marc…“ Ihre Stimme war kaum hörbar und sie deutete unmerklich mit dem Kopf Richtung Straße, wo im Übrigen gerade die Spurensicherung dabei war das Stück Zaun mit dem Kopf heraus zu schneiden.
“Ich würde mich gerne vorne noch etwas umsehen … kommst du mit?“, fragte sie dann ähnlich leise. Für den Moment schien es ihr einfach geraten hier ein paar Abstände zu schaffen und das war räumlich nun mal am einfachsten.

Aleks und Damian waren ja wohl Cops genug, um die Befragung des Pfarrers weiterzuführen.

Im ersten Augenblick gewann sie den Eindruck, dass Marc einen Teufel tun würde mitzukommen, so finster wie er sie anblickte.
Und so langsam langte es ihr auch! Er war verflixt noch mal nicht der Einzige der nicht den Tag hatte den er sich gewünscht hätte und sie konnte nun schließlich nichts für das Verhalten anderer. Ärger blitzte in ihren Augen, aber sie ging einfach Schulter zuckend trotzdem weiter. Würde sie sich eben zur Not allein umsehen, mehr als versuchen zu helfen konnte sie eben auch nicht. Etwas was man in ihrem Beruf sehr rasch lernte, was aber nicht desto trotz ziemlich an ihr kratzte in einem Moment wie diesem.

Marc begleitete sie allerdings doch, wäre aber am liebsten scheinbar rückwärts gelaufen, um nur ja seine neuen Kollegen im Auge behalten zu können. Immerhin war seine Stimme wieder ruhiger als er sie ansprach.
Sie nickte. “Ja. Das war mir bewusst. Spätestens bei deiner Reaktion!“, erwiderte sie mit sehr neutraler Stimme und warf ihm einen Blick von der Seite zu. Sie begriff ja, dass es ihn verletzte, weil … aus all den komplizierten Gründen, die es nun einmal gab wenn man jemanden hatte begraben müssen den man liebte. Sie seufzte leise. Das machte es aber nun so gar nicht besser!
Ihre Finger fühlten sich inzwischen eiskalt an und sie vergrub sie tief in den Manteltaschen, und blieb kurz stehen, um ihn eindringlich anzuschauen, als sie weitersprach.
“Aber Aleks konnte davon nichts wissen!
Und es ist vielleicht auch Teil eines Tatorts! Und deswegen hast du dort im Moment wohl besser auch nichts zu suchen! Emotional Beteiligung, heißt das wohl in „eurem Jargon“!“ Ein Lächeln zuckte um ihre Lippen, was ihre Augen aber nicht erreichen konnte, ein Versuch den Ton ein wenig aufzulockern, aber recht kläglich ausfiel, wie sie selbst zugeben musste.

Sie wandte sich wieder zum weitergehen. Unter anderen Umständen wäre – so wie sie ihn kennengelernt hatte – Marc der Erste, der einen möglichen Tatort ganz genau beleuchten würde.
Wenn er das nicht konnte, dann musste er einfach den Platz so weit räumen, dass andere es konnten, auch wenn sie nicht sicher war ob es nun wirklich notwendig war, auf Grabsteinen herum zu balancieren. Aber wenn so Sinn in all das was passiert war gebracht werden konnte… was war dann wichtiger? Pietät oder Gerechtigkeit für ein Opfer? Zu philosophische Fragen für so einen Morgen.
Und auch ganz sicher keine Diskussion, die sie jetzt mit Marc ausfechten wollte, darum sprach sie lieber, auf den Fall konzentriert, weiter.
“Ich dachte wenn wir uns umsehen, finden wir vielleicht heraus, wo Mr. Payne umgebracht wurde. Was auch immer mit dieser Pfote ist … da sind KEINE anderen Spuren.“ Von denen von Marc, seinen Worten nach mal abgesehen “Auch keine vom Küster. Nicht nur kein Blut. … Er muss also irgendwo anders gewesen sein.
Und … es hat noch niemand in der Kirche nachgesehen…“
Keine Aussicht die sie fröhlicher stimmte, aber die Vorstellung, der alte Pater könnte das finden was von dem Küster noch übrig sein könnte… das reichte für den Moment um ihren Mut zusammen zu nehmen und die massiven Steintreppen zum Kirchportal hochzugehen.

“Schon gut!“, stimmte sie nach kurzem Durchatmen zu, ohne merklich auf Marcs Hand an ihrem Arm zu reagieren. “Aber lass deinen Ärger nicht an mir aus… nicht wenn ich nichts dafür kann!“, ergänzte sie dennoch mit abklingendem Murren, einfach um das noch mal klar zu stellen.

Sicher kletterte man nicht einfach so auf Grabsteinen rum. “Normalerweise würde ich dir da recht geben! Aber wie normal findest du das alles hier?“ Das war auch ohne Aleks Kletterkünste eine ziemlich interessante Frage und sie blickte den Lieutenant gespannt von der Seite an.
“Ich finde es sicher nicht die beste Idee. Aber wenn es hilft hier irgendeinen Sinn rein zu bekommen, dann finde ich ist es kein Grund ihn so zusammen zu falten!“ Hätte sie so offen sicher niemals gesagt, so lange irgendwer anders zuhörte, das war aber sicher Marc auch klar.
Der wollte nun wissen wie er sie zum Lächeln bringen könnte. Einen Augenblick lang musterte sie ihn, ehe sie die Schultern zuckte.
“So richtig viel zu lächeln kann ich an dem Tag bisher nicht finden!“, erwiderte sie dann unglücklich wirkend.
Da war sein „Ausraster“ nun irgendwie nur da Tüpfelchen auf dem „i“, aber das gehörte nun nicht hier her und darum gab sie sich auch alle Mühe ihren eigenen „Ärger“ erst mal abzuschütteln.
“Du könntest natürlich den Mörder aus dem Ärmel schütteln, damit ich das Wochenende mit meiner Familie verbringen kann! Aber das steht vermutlich auch nicht auf meiner Auswahlliste, hm?“ Ja, klar wollte das vermutlich jeder hier lieber, war aber auch nicht so ernst gemeint, es klang eher eine gehörige Portion Galgenhumor zwischen ihren Worten durch, aber der brachte zumindest auch ein Lächeln mit sich.

In der Kirche war Marc also schon und ihm war nichts aufgefallen. Sie war schon auf der obersten Stufe angekommen gewesen und drehte sich jetzt wieder zu ihm herum statt die Tür zu öffnen und blickte musternd zu ihm hinunter. “Warum überhaupt?“ Er sah mehr als nur ein wenig müde und geschafft aus, da würde sie annehmen, dass er auf dem direkten Weg in sein Bett wollte, sobald er Dienstschluss hatte. “Ich hab übrigens eine Kanne Kaffee im Auto!“, zwinkerte sie. Vielleicht half der ja gegen die erste Müdigkeit.

“Geworfen?“ Sie schaute ziemlich zweifelnd drein. Ok, sie traf mit einem Ball noch nicht mal dann einen Basketballkorb wenn man ihr den direkt vor die Nase hing, darum war sie sicher keine wirkliche Koryphäe so etwas zu beurteilen, aber: “Meinst du wirklich irgendwer könnte einen Kopf so werfen, dass er so gerade landet? Hals nach unten und Gesicht zur Straße?“ Das klang dann wenn aber nicht nach Ball spielenden Jugendlichen. “Dann sollten wir unsere Ermittlungen sicher besser bei den Bulls fortsetzen!“

Immer noch auf den Treppenstufen stehend blickte sie die Straße in beide Richtungen entlang.
“Ok … du sagst in der Kirche war er nicht. Aber irgendwo muss er ja gewesen und ermordet worden sein. Die Straße auf der Vorderseite ist zu belebt. Wo also war er? Und wieso wurde er hier so platziert?“
Das schienen ihr im Augenblick die entscheidenden Fragen zu sein… für den Anfang.

Pater Mallory

Sehr leise hatte er angefangen ein Gebet für den armen Mr. Payne zu murmeln und war darin so versunken gewesen, dass er erst mitbekam, dass einer der anderen Detectives vor ihm stand, als der ihn ansprach und sich und seinen Kollegen vorstellte. Nacheinander blickte er beide an und nickte ihnen zu. “Ich bin Pater Mallory.“, stellte er sich dann vor. Hatte er das schon gesagt? Er war sich nicht ganz sicher.
Der Detective sprach sein Beileid aus und er musste sich räuspern. “Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen.“, entgegnete er dann müde, straffte sich aber als der Detective ihm Fragen stellen wollte.
“Selbstverständlich. Fragen Sie nur!“ Wenn er damit helfen konnte diesen Unhold fassbar zu machen, dann würde er das seine dazu tun.

Aufmerksam hörte er zu, als der Detective anfing seine Fragen zu stellen.
“Ja. Das Pfarrhaus ist an der anderen Seite des Friedhofs, die Begrenzung zur Straße.“ Er deutete in die Richtung, wo hinter den kahlen Bäumen hier und da roter Ziegel hervor blitzte.
Gleich darauf schüttelte er aber bedauernd den Kopf.
“Ich fürchte aber da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Ich … nehme seit einiger Zeit Schlafmittel. Ich hatte einige Rückenprobleme in jüngster Vergangenheit und kann anders kaum in den Schlaf finden.“ Ein wenig verzog er bei seinen Worten das Gesicht, dass sein Körper ihn so verriet machte ihm doch immer etwas zu schaffen.
Deswegen oblag es auch gestern Nacht dem guten Mr. Payne, hier dann und wann nach dem Rechten zu sehen. Er wohnt nicht weit von hier! Wissen Sie wir haben an Halloween immer wieder kleinere Scherereien gehabt. Jugendliche die hier Partys feiern. Streiche von Kindern. Solcherlei…
Aber ein Mord! Um des lieben Himmels Willen…“ Er holte umständlich ein Taschentuch aus seiner Manteltasche hervor und tupfte sich damit die Stirn ab.

“Hm…“ Mochte von außen betrachtet wenig aussagekräftig klingen, war aber in ihr eher eine Form von Akzeptanz von Marcs Aussage, verwoben von dem Wunsch nicht weiter darüber zu sprechen.
Sie hatten auch leider Gottes schwerwiegendere Dinge über die sie sich den Kopf zerbrechen konnten.
Als ihre Blicke sich jetzt trafen seufzte sie leise. Sie hatte so gehofft, dass nur ihr das alles hier „zu“ merkwürdig erschien, dass sie einfach durch alles was sie erlebt hatten einfach ein wenig zu paranoid geworden war. Aber sie konnte in Marcs Blick die gleichen Bedenken lesen, was er auch gleich darauf in Worte fasste. “Oh, bitte nicht!“

Sie schwieg dazu, wie oder von wo aus Aleks seine Spekulationen hätte machen können, war ja alles richtig, aber es hatte nun mal jeder Mensch, jeder Cop seine eigene Art Dinge anzugehen und genau das brauchten sie. Unkonventionelle Gedanken. Davon war sie fest überzeugt. Aber im Grunde wusste sie auch, dass sie Marc so weit wie möglich schon überzeugt hatte und sie war klug genug nichts mehr zu sagen und diesen Fortschritt nicht wieder aufs Spiel zu setzen.
Auch eine zusätzliche Betonung, dass er – wie sie alle – sein Bestes tun würde, um diesen Mörder zu erwischen hatte es sicher nicht gebraucht. Ihre Beschwerde war ohnehin nie ernst gewesen. Ihr war klar gewesen auf was sie sich einließ wenn sie diesen Job annahm. Da wäre es ziemlich vermessen sich bei der ersten Gelegenheit zu beschweren.

Obwohl er eben noch erklärt hatte, es gäbe im Gebäude der Kirche nichts zu sehen oder finden, öffnete Marc die Tür und schob sie in die Kirche hinein.
Wärme war sicher nicht der Hauptgrund, sondern vielleicht vielmehr die hier herrschende Ruhe.
Während sie langsam zwischen den Sitzreihen entlang gingen und nach irgendetwas Ausschau hielten, was vielleicht doch von einem normalen Besucher übersehen werden konnte, berichtete der von den Vorfällen der Nacht, weil sie gefragt hatte oder weil er sich das Ganze von der Seele reden wollte.
“Oh Gott!“, entfuhr es ihr leise und für einen Moment rückte in den Hintergrund was sie hierher geführt hatte. Es brauchte nicht viel Fantasie sich vorzustellen, wie leicht es auch hätte anders ausgehen können, viel schlimmer für Marc.
Nach so einer Erfahrung gehörte er sicher nicht direkt in die nächste Ermittlung geworfen. Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn besorgt, verbiss sich aber das auch auszusprechen, da könnte sie ebenso gut mit der nächsten Wand reden.

Vielleicht war da wirklich Ablenkung der bessere Weg für den Augenblick und wenn es nur belanglose Scherze über Kaffee waren. “Na endlich siehst du das mal ein!“, grinste sie als er sie als Engel betitelte, wurde aber rasch wieder ernst als sich das Gespräch wieder um den Fall zu drehen begann.

Beim besten Willen konnte sie sich nicht vorstellen, dass es irgendwie geübt werden konnte Köpfe so auf Zäune zu werfen. Vielleicht aber weigerte sich auch nur ihr Geist eine solche Szene zuzulassen.
Dafür nickte sie, Mahnmal traf es ziemlich genau. “Ja, das habe ich auch gedacht und es spielt ganz sicher eine Rolle, dass es eine Kirche ist, an der er sein Opfer platziert hat. Aber … warum oder ob es mit dieser Kirche zu tun hat oder mit dem Opfer selbst oder vielmehr ein Ausdruck von Hass auf die Kirche als solches ist… alles möglich. Ich fürchte ich bin euch da im Augenblick noch keine große Hilfe.“

Sie setzte sich neben ihm auf die Bank und betrachtete Altar und Kreuz und die kunstfertigen Steinschnitzereien, die beide einrahmten. Es wirkte alles so ruhig und friedlich hier, nichts von dem Schrecken und der Hektik der sich dort draußen abspielte hatte, schien einen Weg hier herein finden zu können.

Pater Mallory

Nachdem er zu Ende gesprochen hatte, bitte er fragend zu dem Detective auf, ob der noch mehr Fragen hatte, aber erst einmal ergriff der Jüngere der beiden Cops das Wort. “Ins Bett … lassen Sie mich überlegen. Ich hab noch die Nachrichten um zehn gesehen und bin danach zu Bett gegangen, also so in etwa halb elf.“, antwortete er dann, von einem Nicken bekräftigt. Ja, so in etwa musste das stimmen.

“Ja… nein.“, antwortete er dann auf die nächste Frage des jungen Officers. Das war jetzt sicherlich weniger verständlich für die beiden Herren und er gab sich Mühe, seine immer noch etwas verstörten Gedanken wieder zusammen zu sammeln.
“Gewöhnlich dreht … oh … drehte muss ich nun wohl sagen…“ Bekümmert schüttelte er den Kopf ehe er weitersprach: “Jedenfalls drehte er immer noch gegen zehn eine Runde ums Gelände, weil er da ohnehin noch mal mit seinem Hund raus musste und sich das verbinden ließ. Er überprüft noch mal ob alle Türen zur Kirche verschlossen sind und ob alles in Ordnung ist.
So weit ist es schon gekommen, dass man sogar Gottes Haus abschließen muss.“ Er seufzte leise.

“Nun, aber wie dem auch sei. Zu Halloween, da hat Mr. Payne auch später in der Nacht immer noch einmal nach dem Rechten gesehen. So zwischen zwölf und halb eins, nur um sicher zu gehen. So war es schon in den ganzen letzten Jahren.“

„Die logische andere Erklärung“ würde sie sehr, sehr gerne sehen und finden. Wahnsinnig gern sogar, nur ihr doofes Bauchgefühl wollte sich nicht davon überzeugen lassen, dass es eine gab.
Auch nicht, als die Kirchtür hinter ihnen zuschlug.

Knapp daran vorbei zu schrappen erschossen zu werden, fand sie jetzt nicht so wirklich einen Grund zum scherzen und ehrlich gesagt glaubte sie auch Marc nicht, dass er das so leicht nahm, wie er sie gerade glauben machen wollte, auch wenn „Danke“ sagen sicher nicht der schlechteste Gedanke war, zustimmend nickte sie.
“Eine Weste ist sicher klug. Trotzdem … eigentlich hast du gerade an einem neuen Tatort noch nichts verloren!“ Nicht das sie damit rechnen würde, dass er sich wegschicken ließe. Erst recht nicht, weil er diesen Ort und die Menschen hier kannte. Aber Sorge herunter zu schlucken lag ihr auch einfach nicht.

Sie war zu Scherzen allerdings doch nicht so ganz aufgelegt und verzog das Gesicht, als er meinte er hielte sie schon länger für einen Engel. “Ach lass mal, sonst nutzt sich das am Ende nur ab!“, widersprach sie um einen scherzenden Ton bemüht und war ganz froh, dass sich das Gespräch wieder um diesen Fall zu drehen begann.
“Ich denke wenn es schon so einen Übergriff gegeben hätte, dann wäre der ähnlich spektakulär ausgeführt gewesen. Das hier nicht mehr Aufmerksamkeit generiert wurde, liegt nur daran, dass gerade du es warst der das alles als erstes gesehen hat und das auch noch sehr früh am Tag. Etwas was dem Täter vermutlich nicht gefallen wird!“ So der nach „normalen“ Maßstäben kategorisierbar war. Sie verzog ein wenig das Gesicht. Marc schien auch zu den Menschen zu gehören, die Probleme magisch anzogen. “Na, dann bin ich aber mal gespannt was der Pater den anderen Beiden erzählen kann.“

Seufzend schaute sie sich noch einmal im Kirchenschiff um. “Aber du hattest leider recht! Hier ist nichts zu sehen. Was ist mit den anderen Räumen?“

War schon klar gewesen, dass Marc nicht gerne hören wollte, dass er erst mal Zeit haben sollte sich wieder zu erden, aber ihm war eben doch was passiert, egal wie sehr er das gerade von sich wies und wie er draußen grad aufgebraust war, war doch der beste Beweis dafür!
Aber einsehen würde er das nie, am Ende würde er doch nur wieder mit diesem „alle Psychologen sind furchtbar“ – Vortrag anfangen um sie auszubremsen und damit war dieser Ermittlung auch nicht geholfen, darum hielt sie lieber den Mund und blickte sich weiter aufmerksam in dem Messraum um: “Auf jeden Fall können wir sicher sein, dass es nicht um einen Raub ging.“ Das war zwar ohnehin sehr unwahrscheinlich erschienen, aber sichergehen hatte auch noch nie geschadet. Jedenfalls hingen hier alle Kirchenschätze noch dort wo sie hingehörten.
Ein einfacher Raub schied also leider aus.

“Ok .. bei Kaffeerettungen ist das genehmigt... Auch wenn ich glaube, dass du dann über ein ganzes Geschwader Engel verfügst!“, lachte sie mit einem Zwinkern, so leise es in einer Kirche nicht unangenehm auffiel.

Auch wenn sie in der Kirche nun keine Anhaltspunkte für ihren Fall gefunden hatten, hoffte sie, als sie von der Band wieder aufgestanden waren doch, das der kurze Moment Ruhe wenigsten Marc wieder mehr zur Ruhe hatte kommen lassen.
Aber ehe sie gingen sollten sie wirklich nachsehen, was mit den anderen Räumen war, selbst wenn Marc wusste, dass die gewöhnlich verschlossen waren.
Sie stieg rasch die Stufen zum Altarraum hoch und drückte die Klinke der kleinen Seitentür, die in die Sakristei führte herunter, aber die war schon mal fest verschlossen. “Hier ist schon mal zu.“, stellte sie fest und folgte dann Marc in Richtung der zweiten Tür, die links der Bankreihen in die Wand eingelassen war und wie sie vermuten würde Stufen enthüllen würde, die zur Krypta hinunterführten… wenn sie denn offen war…

Pater Mallory

Es tat ihm ja selber am meisten leid, den Ermittlern nicht wirklich weiterhelfen zu können, schon um des armen Mr. Paynes Willen, aber auch weil die himmlische Gerechtigkeit sicherlich Gottes Aufgabe war, er aber durchaus auch an die irdische Gerechtigkeit glaubte, nach der ein Mörder eingesperrt gehörte, ehe er noch mehr Unheil anrichten konnte. Detective Scotts „Und?“ ließ ihn den Mann fragend ansehen, ehe sich verstehen auf seinem Gesicht zeigte: “Ich war bisher noch nicht an der Kirche. Im Grunde hat mich erst ihre Anwesenheit aus dem Haus geholt. Aber gewöhnlich schließt auch Diakon O'Leary morgens die Kirche auf. Er beginnt den Tag gern in aller Stille beim Gebet.“
Gesehen hatte er den jungen Diakon heute morgen allerdings noch nicht, was nicht weiter verwunderte, da er ja gerade erst aus dem Haus gekommen war. Aber er schien auch gerade nicht auf dem Gelände zu sein, sonst wäre er schon längst zu ihnen gestoßen.

Der andere Officer lenkte ihn mit seinen Fragen von dem Gedanken wieder ab. Wieso wollte er denn den Namen des Hundes wissen? “Bobby.“, antwortete er dennoch. Was das aber für eine Rasse war? Er hatte von Hunden aber auch nicht die geringste Ahnung. Sie hatten vier Pfoten, einen Schwanz und bellten, damit war sein Hundewissen so ziemlich erschöpft. Es ist einer von diesen Kleinen. Wenig Fell. Braun, weiß… ein munteres Kerlchen.“
Jetzt allerdings zog sich sein Blick betrübt zu, als er nach Verwandten gefragt wurde. “Oh, Herr im Himmel! Estel!“ Er musste sichtlich darum ringen weiter zu sprechen. “Das… seine Frau … sie weiß ja vermutlich noch gar nichts von all dem. Sie ist bei ihrer Schwester übers Wochenende!“

Das unbestimmte “Mmmhhmm...“ wertete sie jetzt mal so, dass sie durchaus Recht hatte, was hilfreiche Kaffeeversorger im Revier anging. Und da nun mal jede Frau ganz gern Recht behielt grinste sie nur still in sich hinein und versteckte das hinter geschäftigem Umherschauen im Raum.

Zwei der drei Türen, die aus dem Hauptraum führten, hatten sie schon erfolglos ausprobiert und fast ging sie davon aus, auch die dritte würden sie verschlossen vorfinden, als Marc die Klinke ausprobierte und die Tür wirklich nach innen schwang.
Im Lichtstrahl der kleinen Taschenlampe konnte sie Treppenstufen erkennen die in die Tiefe führten. Wie weit konnten gleich danach erkennen, als Marc den Lichtschalter ertastet und umgelegt hatte.
Sie ließ ihn vorgehen und folgte mit einem ungutem Gefühl im Nacken. Die wenigen Lampen erhellten die Treppe nur spärlich, das zusammen mit dem Flair den leere alte Gebäude verströmten reichte offensichtlich schon um ihr eine Gänsehaut zu verursachen und sie nervös zusammen zucken zu lassen, als Marc mit erhobener Stimme wissen wollte, ob da jemand war.
“Du glaubst, wenn da wer im Dunkeln sitzen würde, dann würde der jetzt antworten?“, wollte sie aber dann mit einem Grinsen wissen, als sie sich wieder gefangen hatte.

Langsam stiegen sie die Treppe hinunter.
Am Fuß der Treppe öffnete sich die Krypta, ein kleiner Andachtsraum. Einige alte Kirchenbänke hatten sich fein säuberlich vor einem kleinen Altar aufgereiht.
Intensiv ging der Duft von Weihrauch in der Luft, als hätten die Wände den im Laufe vieler Jahre absorbiert, so dass er überhaupt nicht mehr verging. Die eine Wand zierten ikonenartige Bilder eines kleinen Kreuzwegs, in der Mitte der Anderen hing ein altmodisch wirkender Wandteppich, auf dem das Bildnis eines Opferlammes aufgestickt war.
Offenbar hatte der Schalter an der Treppe auch gleichzeitig dazu gedient, die schmiedeeisernen Deckenleuchter in diesem Raum zu entzünden, so dass sie nicht im Dunkeln standen. Trotzdem waren die Lichter nicht so hell, dass etwas anderes als Dämmerlicht im Raum herrschte.
Heimlich atmete sie auf, irgendwie hatte sie insgeheim doch befürchtet irgendwo die restlichen Überreste des Küsters vorzufinden.
Aber auch hier war nichts ungewöhnliches zu entdecken.
“Tja … das war wohl nichts. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich enttäuscht davon wäre.“ Auch wenn sie so wenigstens ein paar Antworten gefunden hätten.
“Komm lass uns wieder hochgehen, ja?“ Auch wenn der Raum noch so sakral gestaltet worden war, fühlte sie sich hier sogar nicht wohl und eine andächtige Ruhe wollte schon erst Recht nicht aufkommen, sie mochte es hier einfach nicht und blieb nur stehen um abzuwarten, ob Marc noch etwas entdeckte, was ihr nicht auffallen würde.
“Bleibt nur zu hoffen, dass die Anderen vielleicht etwas herausfinden können.“

“Jetzt Kaffee?“