Damien

Na ja, in Anbetracht der Tatsache, daß genug Polizeiautos mit Blinklichtern hier standen und auch wohl mehr Leute als gewöhnlich herumliefen, war der Pater erstmal hierher gekommen und hatte nicht erst nach den Kirchentüren oder innerhalb des Gebäudes nachgesehen. Außerdem gab es noch jemanden, der die Kirche aufgeschlossen haben könnte: eine dritte Person, ein Diakon. Hoffentlich gab es nicht auch noch eine Haushälterin oder einen Kellermeister, der für den Meßwein zuständig war und wenn doch, hoffentlich hatten die nicht auch alle Schlaftabletten genommen.
Scott sah sich um. Lawrence und die Doktorin waren nirgends zu sehen, er vermutete, daß sie in die Kirche gegangen waren, was bedeutete, daß das Gebäude wirklich offen war; die anderen beiden wären sonst sicher schon zurückgekommen. Vielleicht hatten sie eben diesen Diakon getroffen und befragten ihn schon.
Der junge Office fragte aber noch genauer nach dem Hund des Opfers. Aleks hatte womöglich dieselben Gedankengänge wie Scott selbst. Der Beschreibung des Tieres nach hätte sich der Hund allerdings wirklich verwandeln müssen, um so eine annähernd große ‚Spur‘ zu hinterlassen bei ‚klein‘. Für Scott war das höchstens die Größe eines Spitzes, eher noch kleiner; mehr Yorkshire. Diese kleinen Teppichratten konnten aber recht bösartig sein.
Damien schob den Gedanken an den Hund zur Seite. Das Opfer hatte noch eine Angehörige, die benachrichtigt werden mußte.
“Wenn Sie uns ihre Adresse geben, benachrichtigen wir sie …“, sagte Scott schließlich, “es sei denn, Sie möchten das selbst übernehmen.“ Tu das bitte, dachte er, denn den Angehörigen zu sagen, daß Mann / Frau / Tochter / Sohn / Schwester / Bruder / sonstwas tot war, gehörte definitiv zu seinen Lieblingsaufgaben … NICHT! Er war keiner, der den Leuten traurige Nachrichten überbrachte oder auch noch tröstete, er war einer, der Leute tötete. Getötet hatte zumindest!
Eine Bewegung in seinem Gesichtsfeld ließ Scott aufblicken und er sah, wie Marc und Tess die Kirche verließen. Das bestätigte, daß das Gebäude offen gewesen war. Vielleicht hatten die beiden noch etwas rausgefunden, obwohl es nicht wirklich so aussah. Entweder hatte der Diakon nicht helfen können oder er war gar nicht dagewesen.
“Jedenfalls erstmal danke für Ihre Auskünfte, Pater“, sprach Scott schließlich, wobei er sich nicht mal sicher war, daß Pater die richtige Anrede war.

Aleksey

Nach der Aussage des Paters zu schließen mußte wohl der Diakon die Kirche aufgeschlossen haben, da die anderen bereits in das Gebäude gegangen waren. Aleksey notierte sich den Namen des Diakon, den der Lieutenant ja vielleicht bereits befragte. Gleich darauf erfuhr er auch den Namen des Hundes des Opfers und zumindest nach welcher Art sie Ausschau halten mußten.

Als der Pater jedoch über den Hund nachdachte, fiel ihm die Frau des Opfers ein. Das war immer eine schlimme Sache, einem Hinterbliebenen die Nachricht zu überbringen. Aber in diesem Fall war es noch um einiges Schlimmer. Wie konnte man einem normalen Menschen eine solche Gräueltat erklären? Er hoffte sehr, daß sie wenigstens den Körper des Opfers noch finden würden bevor die Ehefrau gezwungen war ihren Mann nur anhand seines Kopfes identifizieren zu müssen.

Nun fragte Detective Scott nach der Adresse der Schwester bei der die Ehefrau wohl gerade zu Besuch war und war dann auch schon mit der Befragung fertig. Kurz sah Aleks von seinen Notizen auf und erkannte, daß ihr Boss gerade aus der Kirche kam. Wahrscheinlich wollte der Detective erst mal erfahren, ob es etwas Neues gab. Aleks allerdings wandte sich dem Pater zu.

„Wenn sie noch einen Moment Zeit hätten?“, fragte er erst, fuhr dann aber nach einem Nicken fort. „Mr. Payne hat diese zweite Runde gegen Mitternacht ja nicht umsonst gemacht. Können sie mir sagen was das bisher so das Schlimmste war, was in der Halloween Nacht geschehen ist? Einfacher Wandalismus? Einbruch und Diebstahl?“ Nachdem er sich Notizen zu der Aussage machte, gab es noch eine andere Theorie die zumindest beleuchtet werden mußte. „Auch wenn Mr. Payne ein Diener Gottes war, hatte er vielleicht irgendwelche Laster, die ihn in Schwierigkeiten gebracht haben könnten? Spielte er vielleicht? Hatte er in der letzten Zeit Streit mit jemanden? Oder... oder hatten sie vielleicht allgemein Probleme mit irgendjemanden? Probleme mit Anwohnern?“ So grausam und merkwürdig die Tat auch gewesen war, sollten trotzdem alle möglichen Spuren untersucht werden, auch die Naheliegendsten.

Damien

Eigentlich hatte Damien mit Lawrence und der Doktorin sprechen wollen, ob sie was in der Kirche gefunden hatten, aber Aleks war offensichtlich noch nicht fertig. Die Fragen, die er stellte, waren ziemlich gut, das mußte Scott zugeben, allerdings brachten die Antworten sie nicht wirklich weiter.
Und die Adresse der Schwägerin des Opfers hatte der Pater leider auch nicht. Sie hatten aber auch noch nicht gefragt, wo Mr. Payne gewohnt hatte; Marc hatte nur gesagt, daß er den Mann kannte und daß es der Küster gewesen war.
“Dann geben sie uns bitte die Adresse, wo Mr. Payne mit seiner Frau gewohnt hat. Auf dem Revier könnten wir dann die Adresse ihrer Schwester herausfinden“, sagte Damien zu Pater. Mist! Also blieb die Benachrichtigung DOCH an ihnen hängen! Da würde er ja lieber barfuß auf eine Biene treten! Immerhin half Milwaukee schon etwas weiter.
Lawrence hatte sich anscheinend auch aus dem Staub gemacht. Der sollte doch eigentlich diesen Verein leiten?! Nach einem schnellen Blick sah Damien ihn allerdings zusammen mit der Doktorin in deren Wagen. Das bestätigte zumindest ihm, daß die beiden keine neuen Spuren gefunden hatten.
Scott wandte sich noch einmal an den Pater: “Bitte prüfen Sie in der Kirche alles, ob etwas fehlt oder vielleicht auch nur nicht da steht, wo es hingehört. Wenn das der Fall ist, fassen Sie nichts an und geben Sie uns sofort bescheid.“ Eine Karte konnte er dem Mann leider nicht geben, aber bestimmt vielleicht wußte er Lawrence’ Nummer, wenn die bekannt miteinander waren, aber auf jeden Fall könnte er auf dem Revier anrufen und würde an die richtige Stelle vermittelt werden.
“Hast Du alles?“ fragte er dann Aleks leise, leicht zu ihm hingebeugt.

Aleksey

Der Pater dachte einen Moment nach und zählte dann übliche Jugendlichen Streiche auf, die in ihrer Qualität nicht annähernd einem echten Verbrechen nahe kamen, geschweige denn einem so abscheulichen Mord. Mit solchen Vorkommnissen in der Vergangenheit hatte das Opfer wirklich nicht mit einer echten Gefahr für sein Leben rechnen müssen. Er nickte zu der Aussage, machte sich Notizen, doch wirklich weiter brachten die ihre Ermittlungen auf den ersten Blick leider nicht.

Seine weiteren Fragen zum Hintergrund des Opfers wurden leider nicht ganz so gut aufgefaßt. Der Pater regte sich auf und verteidigte den Ruf des Verstorbenen mit äußerster Vehemenz. Aleksey hob beschwichtigend die Hände (bestückt mit Stift und Block wie sie waren). „Verzeihen sie, Pater, aber wie sie schon selbst sagten, müssen wir solche Fragen leider stellen. Wir müssen in solchen Fällen eben in alle Richtungen denken und ermitteln. Ich habe mit meinen Fragen nicht beabsichtigt Mr. Payne's Ruf zu beflecken, glauben sie mir, aber wir müssen eben alle Motive beleuchten. Alles was wir wollen ist den Täter zu finden und ihre Aussage ist dabei sehr wichtig.“ Natürlich hatte der Pater recht, daß ein Achtjähriger kaum für die Tat in Frage kam und schon gar nicht, nur weil der Küster ihn rügte, wenn er den Fußball in die Blumenbeete schoß. Tatsächlich schien das Opfer auf den ersten Blick einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein.

Detective Scott bat dann auch um die Wohnadresse des Opfers, damit sie sich um die Adresse der Hinterbliebenen kümmern konnten. Geflissentlich notierte sich Aleks auch diese Daten und den Hinweis, daß die Schwester wohl irgendwo in Milwaukee lebte. Gleich darauf bat er den Pater in der Kirche nach gestohlenen oder bewegten Gegenständen zu suchen, was dann wohl die Vernehmung endgültig beschloß.

Der Detective lehnte sich zu ihm hinüber und fragte dann leise, ob er alles hätte. Alekseys Augen huschten zur Seite und er zog unwillkürlich die Schultern ein wenig ein. War er in den Augen seines Vorgesetzten zu weit gegangen in dem er das Interview alleine weitergeführt hatte? „Ähm, ja...S-sir...?“, brachte er unsicher hervor.

Sein Blick fiel auf den älteren Mann vor ihm. „I-ich danke ihnen, Pater Mallory. Das ist für den Moment erst einmal alles.“ Sollte er jetzt einen Einlauf bekommen, wegen eigenmächtigem Handeln, mußte der Pater das ja nun nicht unbedingt mitbekommen.

Aleksey

Aleksey hatte sich noch die Adresse des Opfers aufgeschrieben und zur Sicherheit die Beschreibung des Hauses, als er bemerkte, daß ihr Boß auf sie zu kam. Er konnte nicht behaupten, daß ihm dieser Auftritt gerade unrecht war. Er wußte noch immer nicht so wirklich wie er mit dem Detective umgehen sollte und was ihn nach seinem eigenmächtigen Handeln erwartete.

Als der Lieutenant erwartungsvoll nachfragte, was sie in Erfahrung gebracht hatten, war Aleks somit umso eifriger seine bisherigen Informationen zu teilen und vermied so erst einmal, daß der Detective ihm den Kopf abreißen konnte... also nicht im wahrsten Sinne...wie bei dem armen Mr. Payne...also... Aleks beschloß sein Kopfkino ganz schnell zu ignorieren und sich auf das Gespräch mit seinem Boss zu konzentrieren.

„Leider haben wir bisher recht wenig in Erfahrung bringen können. Pater Mallory nahm nach eigener Aussage Schlaftabletten und schlief tief und fest zum vermeintlichen Tatzeitpunkt. Allerdings hatte das Opfer relativ feste Zeiten zu denen er seine Runden machte. Auf der ersten Runde gegen 22 Uhr führte er normaler weise seinen Hund aus, die Zweite fand in der Halloween-Nacht wohl immer kurz nach Mitternacht statt.“ Aleks konsultierte seinen Block immer wieder, während er berichtete. „Nach der Aussage des Paters gab es in den vergangenen Halloweennächten immer mal kleinere Scherereien wie Schmierereien und Partys auf dem Friedhof aber nichts was einem Verbrechen gleich käme oder gar auf einen Mord hinauslaufen könnte. Fragen nach Problemen aus dem privaten Umfeld des Opfers, die zu seinem Mord geführt haben könnten, führten leider nicht weiter.“ Aleksey schüttelte den Kopf. Kurz überlegte er, entschied sich aber dann seine eigene Schlußfolgerung preiszugeben. „Wir sollten zum Haus des Opfers gehen und überprüfen ob sein Hund sich im Haus befindet. Sollte er nicht dort sein, dann müssen wir davon ausgehen, daß das Opfer während seiner ersten Runde gegen zehn bereits vom Täter gefangen wurde. Das könnte den Tatzeitpunkt eingrenzen“, erklärte er seine Überlegungen. „Ich habe sowohl die Adresse des Opfers, als auch den Aufenthaltsort seiner Frau, die sich zur Zeit jedoch wohl in Milwaukee aufhält.“

Als Aleksey mit seinem Bericht abgeschlossen hatte, sah er erwartungsvoll seinen Boss an. Hoffentlich hatte er alles richtig gemacht.

Damien

Aleks hatte eifrig mitgeschrieben und Damien war sich sicher, daß der Junge alles hatte, aber da war wieder dieses ‚Sir‘. Damien rollte mit den Augen. Aleks bedankte sich und auch Scott wiederholte noch einmal: “Danke, Pater.“ Eigentlich legte er nicht besonders Wert auf Gottes Segen, den der Paten ihnen mitgab, aber so wie die Dinge hier lagen, konnte er vielleicht nicht verkehrt sein.
Mit einem letzten Nicken zum Pater wandte Damien sich ab und wollte während des Gehens noch etwas zum Thema ‚Sir‘ sagen, aber die anderen kamen ihnen jetzt entgegen. Sobald Lawrence sich nach den Ergebnis der Befragung erkundigte, sprudelte der junge Officer schon mit Informationen wie ein Springbrunnen. Scott ließ ihn reden und nutzte den Wasserfall, um sich eine Zigarette anzuzünden. Den Informationen hatte Damien eigentlich fast nichts hinzuzufügen, außer: “Einen Diebstahl konnte der Pater bisher nicht feststellen, aber er wird alles noch einmal genau prüfen und bescheid sagen, ob doch was fehlt oder nicht da steht, wo’s hingehört.“ Er blies den Rauch aus der Nase, da sprach Aleks schon weiter, diesmal mit einem Vorschlag zur weiteren Verfahrensweise. Die Zigarette im Mundwinkel wies Damien zustimmend mit beiden Händen auf Aleks und gab ein billigendes “hm“ von sich.
Das Thema ‚informieren der Angehörigen‘ würde er nur auf Nachfrage zur Sprache bringen; freiwillig riß er sich nicht darum.

Aleksey

Detective Scott erweiterte seine Zusammenfassung um die Information, daß der Pater sich in der Kirche nun umsehen würde, ob vielleicht doch etwas gestohlen oder verändert worden war. Aleks nahm das aber nicht als Kritik an seiner eigenen Zusammenfassung, er hatte schließlich nur die Ergebnisse der Vernehmung mitgeteilt und bei der Untersuchung der Kirche ab es eben noch keine Ergebnisse.

Dr. Morgan fragte dann leise wieso die Frau des Opfers in Milwaukee war. „Nun, Pater Mallory, sagte daß Mrs. Payne ihre Schwester dort besuchen würde“, berichtete der junge Mann, zuckte dabei aber leicht die Schultern. Das war es, was ihnen gesagt wurde. Daß es der denkbar schlechteste Zeitpunkt war um die Familie zu besuchen, konnte die Ehefrau nicht ahnen, das hatte keiner ahnen können.

Als dann ihr Boss ihn ansah und noch einmal nachhakte, ob er tatsächlich nach dem Hund sehen wollte, war Aleks für einen kurzen Moment unsicher, ob er doch nur eine blöde Idee gehabt hatte. Aber anscheinend hatte der Lieutenent gar keine Kritik an seiner Idee sondern nickte nur und entschied, daß sie beide zusammen diese Aufgabe übernehmen würden.

Ihr Boss bestätigte dann die Aussage, daß die Schwester des Opfers in Milwaukee wohnte und ordnete an, daß der Detective und die Psychologin sich mit Mrs. Payne auseinandersetzten. Aleks konnte nicht behaupten, daß er sich um die Aufgabe reißen würde. Es gab wohl keinen Polizisten der das tat. Die Angehörigen zu benachrichtigen war immer unangenehm aber Aleks wußte, daß es eben Teil des Jobs war.

Nachdem sie einen Zeitpunkt für ein späteres Treffen im Revier ausgemacht und sich verabschiedet hatten, machte er sich mit dem Boss auf den Weg. „Ja, Sir“, sagte er und folgte dem Lieutenant. Nach einem kurzen Moment in dem Aleksey tief die kühle Winterluft einatmete, wandte er sich wieder an seinen Boss. „Ääähm, Sir, sie kennen die Kirche und die Menschen hier, richtig? Haben sie vielleicht eine Idee, wem diese Kirche ein Dorn im Auge sein könnte? So, wie es bisher scheint, ist Mr. Payne tatsächlich ein zufälliges Opfer, also hat man es vielleicht auf das Gebäude, oder die Institution an sich abgesehen...“, überlegte er.

Damien

Warum Milwaukee erklärte Aleks auch gleich noch und Damien genoß seine Zigarette. Lawrence hatte erst einmal gar nichts gesagt, dann entschied er, daß er mit Aleks tatsächlich nach dem Hund sehen wollte und Damien und Tess sich um die Frau Payne kümmern sollten. Scott schloß die Augen und biß leicht die Zähne zusammen und damit auch den Filter seiner Kippe. War ja klar!
Wenigstens brauchten sie bei dem Wetter nicht nach Milwaukee eiern. Obwohl … Sollte man der Schwester der Frau zumuten, sie herzufahren? Mr. Paynes Tod betraf ja auch sie und irgendeinen Grund mußte man der Frau ja liefern, sich auf den Weg nach Chicago zu machen …
Marc sah ihn dann direkt an und Damien stieß nach einem tiefen Zug an der Zigarette den Rauch zu Seite aus. “Nein, mach ich nicht“, bestätigte er Lawrence und schnickte die zu zwei Dritteln gerauchte Kippe einfach fort in den Schnee. ‚Aber ich schlag mich auch nicht drum‘, dachte er bei sich. Das ‚gutes Gelingen‘ enthielt für ihn schon fast einen Hauch von Sarkasmus, aber er konnte den anderen verstehen. Wer ging schon gern zu Leuten und sagte ihnen, daß ein geliebter oder zumindest bekannter Mensch tot ist. Einigen fiel es halt nur leichter als anderen. Aufgrund seiner vorigen Tätigkeit sollte er eigentlich gleichgültiger dem gegenüber sein, aber er gehörte definitiv nicht zu den ‚einigen‘, sondern zu den ‚anderen‘.
Mit der Angabe, wann sie sich wieder treffen sollten, wandte Marc sich ab. Zwar hatte er gesagt, sie bräuchten nicht hinfahren, aber Damien biß noch einmal die Zähne zusammen und in den sauren Apfel und sagte zu Tess: “Vielleicht sollten wir doch hinfahren und die Frau holen.“ Er steckte seine Hände in die Taschen seiner Jacke. “Wir müssen der Schwägerin ja nicht zumuten, bei dem Wetter ihre Schwester herzufahren und Du könntest sie vielleicht ein bißchen betreuen unterwegs … so seelisch und so …“ Fragend sah er die Doktorin an. Es konnte dann zwar mit Adresse auf dem Revier besorgen, hinfahren und wieder mit Mrs. Payne zurückfahren mit zwei Uhr ein bißchen eng werden, aber vertraute seinen Fahrkünsten mehr als denen einer Frau, die erfahren hatte, daß ihr Schwager tot war und die auch noch die vermutlich in Tränen aufgelöste Schwester im Auto dabei hatte. Die letztendliche Entscheidung würde er aber Tess überlassen.

Damien

“Hmmm …“, machte Damien, was man als Zustimmung nehmen konnte. Er hatte es ja schon geahnt, daß die Zeitplanung nicht ganz hinhauen würde. Tess nahm ihm wenigstens auch nicht übel, daß er ihren Beruf mit seinen leichtfertigen Worten ein bißchen herabsetzte. In Hinsicht auf ihren Beruf wollte er auch möglichst wenig mit ihr zu tun haben.
“Wenn Du nicht gut wärst in Deinem Job, hätten sie Dich wohl kaum für dieses Team ausgesucht“, meinte Scott augenzwinkernd, “da hatte ich darauf vertraut, daß Du mit einer trauernden Frau schon fertig werden würdest.“ So ganz unrecht hatte sie allerdings nicht, trotzdem gab sie ihm recht, dennoch … “Aaaaaber?“, hakte er nach, denn es war zu hören, daß noch etwas kommen würde. Dazu zuckte er mit den Schultern. “Ist mir auch recht.“
Die Frage nach dem Wagen konnte er bestätigen und sie trennten sich, um zum Revier zu fahren.
Wie von Zauberhand drückte eine junge Frau Damien einen Zettel in die Hand, nachdem sie das Revier betraten hatten. Kurz verblüfft, lächelte Scott die junge Frau dann an; von Tess bekam er auch gleich noch den Namen zum hübschen Gesicht. “Danke, Darling“, sagte er, zwinkerte ‚Darling‘ zu und sah ihr mit anerkennend leicht schiefgelegtem Kopf nach. Hmmmmm!
Der Zettel entpuppte sich als die Adreßinformation, nach der sie hier hatten forschen sollen und Scott folgte Tess in Lawrence‘ Büro. Sie legte ihren Mantel ab und auch hier kam Damien nicht umhin, ihre schlanke Gestalt zu bewundern. Da fiel ihm aber auch noch eine andere schlanke Gestalt ein und innerlich schnurrte er.
Da Tess sich auf den Stuhl, der an dem Schreibtisch, der eher benutzt aussah, fallen ließ, nahm Damien den anderen. “Immer der, der fragt“, antwortete er grinsend und ließ sich, die Hände hinter dem Kopf verschränkt im Stuhl zurücksinken. Das ‚die Füße auf den Tisch legen‘ verkniff er sich erstmal.

Aleksey

Der Lieutenant erzählte, daß seine Familie in dieser Kirche zur Messe ging. Trotzdem hatte er leider keine Idee, was jemand gegen diese Kirche haben könnte. Nicht nur daß, sein Boss schien nicht überzeugte, daß es tatsächlich ein Angriff auf diese Kirche im Speziellen war.

“Oh nun... ich weiß es natürlich nicht. Aber erst einmal würde ich schon annehmen, daß es speziell um diesen Ort geht, solange es keine ähnlich gearteten Anschläge in anderen Kirchen gibt. Ich weiß nicht recht, wie ich es sagen soll, aber ich würde denken, wenn es gegen den Glauben an sich ginge, dann hätte man die Tat Symbolträchtiger arrangiert.“ Das klang jetzt wirklich blöd, wenn er es selbst hörte und an das schaurige Arrangement des Fundortes dachte. Aber das war es eben, was er meinte, ja, es war schaurig und abartig, aber eben nicht symbolhaft genug. Aleksey hatte kurz die Augen geschlossen und kaute auf der Unterlippe herum als er seine Gedanken sortierte um sich besser auszudrücken. „Ich meine, man hat den Küster getötet, nicht den Pater und wie es bisher scheint ist die Kirche selbst nicht entweiht worden. Wenn es eine symbolische Tat gegen Kirche und Glauben wäre, hätte man dann nicht das Kreuz entweiht, es umgedreht oder etwas dergleichen? Etwas mit dem Altar gemacht?“ Aleksey hoffte sein Boss verstand nun besser, was er eigentlich meinte, aber vielleicht lag er ja auch völlig falsch.

Kurz nachdem sie eine Straßenecke passierten, kamen sie an einen Straßenbereich der frei von Schnee war. Das an sich war nicht ungewöhnlich. Im Bereich von hoch verlaufenden Abwasserrohren, Gullydeckeln und Gasleitungen kam es wegen der Wärme häufiger vor, daß der Schnee dort geschmolzen war. Was diese Stelle jedoch ungewöhnlich machte, waren die dunklen Flecken, die sich auf dem Boden und sogar teilen der Mauer fanden. Ein genauerer Blick machte es eindeutig.

„Boss, das sieht aus wie Blut“, stellte Aleksey fest und dachte in diesem Moment nicht darüber nach, wie er seinen Chef gerade angesprochen hatte. Zu sehr konzentrierte er sich auf ihren Fund. Er deutete auf die unterschiedlichen Flecken am Boden und an der Mauer. „Ich denke, wir können davon ausgehen, daß wir den Tatort gefunden haben.“ Aleksey drehte sich zu seinem Boss um herauszufinden was dieser dachte.