Aleksey

Aleksey stutzte ein wenig, als er erfuhr, daß die Tür ur Krypta geöffnet gewesen war. Für den Moment hatte er allerdings mit den neuen Spuren genug anderes im Kopf, um sich weitere Gedanken zu dieser Information zu machen.

Während er selbst die Spuren betrachtete und versuchte das Ausmaß des Tatorts zu erfassen (das Blut hatte erstaunlich weit gespritzt), war der Boss schon am Handy und rief die Spurensicherung hierher. Gleich darauf stimmte der Lieutenant ihm zu, daß die Menge an Blut und die Art der Verteilung darauf hindeuteten, daß es sich hier tatsächlich um den Tatort handeln mußte.

Aleksey schüttelte zunächst den Kopf auf die Frage, ob er mehr sah als das Offensichtliche. Er lief ein paar Schritte weiter, wo der Schnee wieder unberührt gegen eine Durchfahrtsbehindernde Mauer lag. Nach einem kurzen Blick zurück, raus aus der Gasse wo der Schnee jungfräulich gelegen hatte, kletterte Aleksey kurzer Hand über die Mauer. Dieser Einsatz lohnte sich auf den ersten Blick.

„Hier ist etwas!“, rief er aus und deutete zunächst auf eine Stelle, die sein Boss noch gar nicht sehen konnte. Er sah sich im Schnee vor sich um um sicher zu gehen, daß hier tatsächlich noch keine Spuren waren und ging dann vorsichtig näher. „Hier ist ein... nein...hier sind mindestens noch zwei von diesen Pfotenabdrücken, wie wir ihn vorhin schon hatten. Sie scheinen sehr weit auseinander zu sein, aber ich will nicht noch näher ran und vielleicht einen schwachen Teilabdruck verwischen...“

Aleksey hatte zwar gute Augen, aber die Forensiker sahen immer mehr. Sie waren darauf trainiert auf ganz andere Sachen zu achten als er.

Aleksey

Kaum hatte er Bescheid gesagt, folgte sein Boss ihm auch schon hinter die Mauer. Der Lieutenent ging noch ein klein wenig näher heran, als Aleksey sich zunächst selbst getraut hatte und ging in die Hocke um mehr zu sehen. Aleksey folgte seinem Beispiel.

Wie der Boss es schon sagte, waren die Pfotenabdrücke sehr tief was ein hohes Gewicht des Tieres andeutete, dazu kamen die großen Abstände zwischen den Abdrücken. Während es seinen Boss verwunderte, ergab das für Aleksey eigentlich ein passendes Bild. Keines das ihm unbedingt gefiel, aber passen würde es zumindest...

Als sein Boss ihn ansah und fragte, was er glaubte, was so riesige Pfotenabdrücke verursachen konnte, wollte der junge Mann gerade eine Antwort geben, als sein Vorgesetzter etwas Neues zu entdecken schien. Er nickte in die Fundrichtung und Aleksey erhob sich. Sofort sah er, was der andere gemeint hatte. Er zog seine Handschuhe aus der Jacke und zog einen an. Mit diesem zog er an den dunklen, nadeldünnen Gegenständen, die da im Schnee lagen. Als er sie fest in der Hand hatte, schüttelte er den Schnee ab und sah, daß sie sich bogen.

„Das sieht aus...wie Fellhaar. Fest und dick und wie es scheint, dunkelgrau“, stellte Aleksey fest nachdem er es nun genauer betrachtete. Er hielt es seinem Boss hin.

„Ich weiß, das klingt jetzt sicher nach einem Halloween-Scherz, aber...mit den Haaren jetzt auch noch...Wir...wir sollen doch offen sein auch für scheinbar Unmögliches, nicht wahr, Sir? Also, die riesigen Abdrücke und dann noch die großen Abstände dazwischen, das spricht für ein aufrecht gehendes Wesen. Es gibt keine Doppelabdrücke wie bei einem Tier, das auf allen Vieren läuft. Mit dem grauen Fell nun auch noch...So unwahrscheinlich das auch klingen mag, aber es sieht aus, als hätten wir es mit einem Werwolf oder etwas in der Art zu tun. Das würde auch die ungeheure Kraft es Angreifers erklären, der in der Lage ist einem Menschen den Kopf im wahrsten Sinne abzureißen...“ Aleks biss sich ein wenig unsicher auf der Unterlippe herum, als er seine Überlegungen preisgab. Na klang das weit hergeholt, aber gab es diese neue Einheit nicht genau deswegen? Weil es eben Dinge gab, die nicht in das übliche Schwarz-Weiß-Bild passten, das die meisten Menschen nun mal nur sehen wollten.

Damien

Die Ärztin rügte ihn, doch Damien zuckte nur grinsend mit den Schultern. “Ich hab nie behauptet, daß ich einer wäre, Ma’am!“ Ihm hatte schon ein ‚Schätzchen‘ auf der Zunge gelegen, aber das hatte er doch lieber unterlassen.
Die suchte sich das Telefon unter dem Aktenchaos auf dem Schreibtisch heraus und wählte die Nummer, die Alicia-Darling aufgeschrieben hatte.
Scott fragte sich, ob es Absicht gewesen war, daß sie nicht auf laut geschaltet hatte, aber nach dem Blick, den sie ihm zuvor zugeworfen hatte, hatte er es auch nicht gewagt, selbst auf den Freisprechknopf zu drücken. Es war aber auch nicht schwer zu erraten, was am anderen Ende Leitung gesagt worden war. Tess bestätigte dann auch, daß die Frau in nächster Zeit wieder in Chicago aufschlagen sollte.
Schließlich fragte sie Damien, was er nun vorschlug, das sie tun sollten.
„Na ja, ich denke, in der Polizei-Datenbank zu suchen, hat wenig Sinn, da Lawrence, der ihn eh schon kennt, davon sicher wüßte“, meinte Damien und setzte sich gerade hin, die Unterarme auf die leere Tischplatte vor sich gelegt. “Vielleicht kennt er ihn aber doch wieder nicht so gut, daß eine Befragung der Nachbarschaft was bringen würde. Da in der Kirche soweit wir wissen nichts verändert wurde, war möglicherweise doch der Mann selbst das Ziel. Dann ist er vielleicht beobachtet oder gestalkt worden und vielleicht hat einer der Nachbar was bemerkt.“

Damien

“Einverstanden“ meinte Damien, als die Doktorin vorschlug, sie mit dem Vornamen anzusprechen.
Dann nickte er wieder. “Wir können auch nochmal zur Kirche fahren“, bestätigte er. Die Zeit, die Tess und Lawrence in der Kirche verbracht hatten, war vielleicht doch ein bißchen kurz, um sich tatsächlich alles genau anzusehen.
Die Doktorin hielt kurz inne, um eine Nachricht zu lesen, die ihr Handy angekündigt hatte. Die Nachricht hatte mit dem möglichen Tatort zu tun und sie beantwortete sie auch gleich, bevor sie weitersprach. Wenn Marc und Aleks sich mit den Payne‘schen Nachbarn befaßten, umso besser.
Tess klimperte auf der Tastatur des Computers herum und entlockte ihm Informationen über die Kirche, deren Friedhof der Fundort war. Die Doktorin las vor. Spontan wollte Scott nach diesem großen Brand fragen, aber sie las schon weiter. Keltisch sagte Damien noch etwas, Gotik auch, aber an den Gargylen blieb er irgendwie hängen. Daß der Friedhof der älteste Chicagos war und daß die Kirche tolle Buntglasfenster hatte, bekam er kaum mit, außer am Rande noch das mit der Versuchung in der Wüste.
Tess schlug nicht vor, daß sie fahren würde, also gingen sie zu seinem Wagen und fuhren zu der Adresse der Paynes. “Diese Gargyls“, begann er auf dem Weg, “das sind doch meist tierähnliche Gestalten mit Krallen und Flügeln oder?“ Er hatte jetzt keine Bilder auf der Webseite von ihnen gesehen oder an der Kirche auf sie geachtet, aber er kannte sie als Dekofiguren, die man im Garten oder der Wohnung aufstellen konnte. So, wie die Viecher da aussahen, wären sie durchaus in der Lage aufrecht zu gehen … Er schüttelte den Kopf. Er fing anscheinend tatsächlich schon an, ‚freak‘ zu denken.
Bei den Paynes angekommen, hielt auch noch ein anderer Wagen. Eine der Damen war wohl Mrs. Payne.
“Na gut“, Damien konnte sein Seufzen grade noch verbergen, “dann spielen wir mal Messenger.“ Messenger nannten sie in der Army die Soldaten und Offiziere, die dem Casualty Notification Service zugeteilt waren und deren Aufgabe es war, den Angehörigen Verletzungs- oder Todesnachrichten zu überbringen.
Tess klingelte und nach einem Moment öffnete sich die Tür. Es war eine der älteren Damen. Der Besorgnis nach war es auch die Dame des Hauses persönlich. Die Doktorin machte keine Anstalten zu sprechen, was Damien als kleine Retourkutsche ansah, daß er ihr das Telefonat überlassen hätte. Er hatte da wohl nicht weit genug gedacht, denn das Telefonat wäre einfacher als das hier gewesen.
Mrs. Payne war aufgebracht, was verständlich war.
Scott räusperte sich. “Guten Tag, Ma‘am“, begann er, “das ist Dr. Morgan“, er wies auf Tess, “ich bin Detective Scott. Wir sind vom CPD.“ Während er sprach hielt er seine Marke hoch. “Dürfen wir bitte hereinkommen?“ Besser, die Dame saß, wenn sie die Nachricht überbrachten und so aufgeregt wie die Frau jetzt war, mußte es ja nicht sein, daß sie vor der Nachbarschaft zusammenbrach, wenn sie hier zwischen Tür und Angel erzählten, was los war.

Aleksey

Zumindest sah sein Boss ihn nicht an, als wolle er ihn gleich einweisen, als er mit seiner Theorie über einen Werwolf daher kam. Das war doch schonmal etwas, dachte sich Aleks. Kurz dachte er nach bei dem ersten Einwurf.

„Vielleicht ist es gerannt. Mit einer entsprechenden Größe und Sprungkraft könnte das die vielleicht Abstände erklären“, versuchte er sich an einer weiteren Theorie.

Ob es für die nächste Frage seines Vorgesetzten eine passende Formel gab, wußte Aleks nicht zu sagen, aber mit drei Metern rechnete er da schon mal. Aber so wie es schien verlangte der Boss auch keine exakte Antwort.

„Ich kann nicht sagen, daß ich schon einem begegnet wäre und das so genau beantworten kann, um ehrlich zu sein. Aber in der normalen Tierwelt sind Fell-Färbungen bei Wölfen von braun und grau bis schwarz üblich. Wieso sollte das bei Werwölfen anders sein?“ Aleksey zuckte leicht die Achseln. Es war ja nicht so, als könnten sie so etwas verläßlich in einem Lexikon nachschlagen.

Sein Boss beschloß dann, daß sie weiterziehen sollten, damit die Spurensicherung hier ihren Job tun konnte. Allerdings äußerte der andere Mann eine berechtigte Frage. Es handelte sich hier eindeutig um eine Sackgasse, jedoch führten die Spuren nur hinein, nicht aber hinaus. Aleksey hatte noch eine ganz andere Frage, die sich ihm stellte. Wenn das hier der eigentliche Tatort war, wo war dann der Rest ihrer Leiche?

Während der Boss die Forensiker einwies, sah Aleks den Spuren wieder nach und zur Mauer am Ende der Sackgasse. Dann aber sah er an der Mauer hoch und drehte sich dabei leicht. Es gab hier nur einen Weg raus, der nicht zurückführte.

„Oben!“, stieß Aleksey aufgeregt aus. „Nach oben, Sir! Die Feuertreppe!“ Er deutete auf das Gerüst, das etwa vier Meter über ihnen hing. Die untere Leiter war eingefahren, aber für ein Wesen von ca. drei Metern Höhe war es ein leichtes das Gerüst auch ohne die Leiter zu erreichen und sich nach oben zu schwingen. Wie leicht war es aber die Leiche auf diesem Weg mitzunehmen? Nur eine Untersuchung der Feuertreppe würde zeigen, ob sich dort Blutspuren fanden und ob das Wesen diesen Weg überhaupt genommen hatte. Es war jedoch der einzige Weg der für Aleksey zur Zeit irgendeinen Sinn machte.

Damien

Auf das Nachfragen wegen der Gargylen hatte Damien mit den Schultern gezuckt und “nur so“ geantwortet. Sie hatte recht, er müßte noch die Bilder dazu sehen.
Seine Marke hatte Mrs. Payne wohl überzeugt und Tess half noch nach. Sie bat sie beide herein und die Doktorin rückte der Dame einen Stuhl zurecht, den diese auch annahm.
“Mrs. Payne“, begann Scott und wünschte sich sehnlichst eine Zigarette. Warum hatte er sich nicht eine im Auto gegönnt?! “Wir müssen Ihnen leider eine traurige Nachricht überbringen.“ Sicher ahnte die Dame jetzt schon, was noch kommen würde. “Ihr Mann wurde heute morgen tot aufgefunden.“ Zumindest ein Teil von ihm, aber das mußte die Lady ja nicht wissen, denn schon diese an und für sich ‚milde‘ Nachricht saß eindeutig! “Wir tun bereits alles in unserer Macht stehende, um die Sache aufzuklären. Unser herzliches Beileid“, beeilte er sich, noch zu sagen. Zigarette, Zigarette! Aber Damien riß sich zusammen und versuchte, betroffen auszusehen.

Aleksey

Sein Enthusiasmus entlockte seinem Boss eher einen säuerlichen Ausdruck, hatte Aleks den Eindruck. Für einen Moment war der junge Officer wieder unsicher, ob er etwas falsch gemacht hatte, doch als sein Boss sich aufstellte um ihm nach oben zu helfen, begriff Aleksey den Blick. Irgendwie war es ihm selbst ein wenig peinlich, aber wenn er sich mit dem anderen Mann verglich, machte es auch wenig Sinn ihm anzubieten die Rollen zu tauschen. Höchstwahrscheinlich würde er den hochgewachsenen, muskulösen Mann selbst kaum halten können. Alles was er tun konnte, war sich so leicht wie möglich zu machen.

„Okay, auf Drei“, meinte Aleksey, legte eine Hand auf die Schulter seines Vorgesetzten und schob den Fuß in die verschränkten Hände. „Eins...zwei...drei!“

Aleks stieß sich mit dem einen Fuß vom Boden ab und bekam von seinem Boss einen weiteren Boost mit der anderen Hand. Voll ausgestreckt, erreichte er so die unteren Sprossen der Feuerleiter leicht und war froh, daß er die Handschuhe noch trug, die er angezogen hatte um das Fell zu greifen. Das Metall der Leiter war eisig und Kälte konnte man sogar noch durch die Handschuhe spüren. Sein Gewicht, als er sich dran hängte, reichte aus um den Mechanismus auszulösen, der die Leiter nach unten fuhr. Er zog sich hoch und stieg einige Sprossen hinauf, während die Leiter nach unten glitt. Er blieb jedoch auf der Leiter, bis sein Boss sie auch bestieg, damit der Mechanismus sie nicht wieder einfuhr. Erst als sein Boss sicher auf der Leiter war, kletterte er die übrigen Sprossen hinauf bis zur ersten Plattform.

Während er darauf wartete, daß sein Chef ihn einholte, sah er sich das Geländer und das Lochgitter auf dem er stand genauer an, ob er hier vielleicht schon Blut entdeckte. War seine Idee völlig falsch gewesen.

„Was mich wundert ist, daß wir die Leiche unten nicht gefunden haben“, gab er dann zu. „Auch wenn dieses Wesen über drei Meter groß ist, könnte es die Leiche einfach so auf eine solche Klettertour nehmen...?“ Aleks blickte unsicher nach unten.

Damien

Schon als Scott nicht weiter als bis ‚traurige Nachricht‘ gekommen war, war die Frau blaß geworden. Zunächst war sie fassungslos, dann fuhr Damien fast ein bißchen zusammen, als sie laut wurde. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, daß das ‚mein Gott‘ nicht einfach so ein Ausruf war, sondern daß sie tatsächlich mit Gott gesprochen hatte bzw. ihn eher beschuldigte, da ihr Blick und ihre Hände gen Zimmerdecke gerichtet waren. So ganz konnte er die Leute, die so stark an Gott glaubten, nicht verstehen.
Tess kümmerte sich mit beruhigenden Worten um die ältere Dame und Damien atmete kurz durch. Das war jedoch nur von kurzer Dauer, denn die laute Stimme hatte die zweite Dame, die sie aus dem Auto hatten steigen sehen, auf den Plan gerufen. Und sie hatte auch noch so eine kleine Töle auf dem Arm! Der junge Mann war ebenfalls da, hielt sich allerdings zurück.
Mit einer Hand streichelte die Dame mit Hund Mrs. Payne, während ihre Augen Damien anfunkelten wie die eines Generals, der unbedingten Gehorsam verlangte. Scott schob sein Kinn leicht vor und richtete sich etwas gerader auf dem Stuhl auf. Er würde sich garantiert nicht von einer Lady mit Teppichratte einschüchtern lassen.
“Wir mußten leider Mrs. Payne die Nachricht überbringen, daß ihr Mann tot aufgefunden wurde, Ma’am“, antwortete er fest. Hoffentlich klingelten jetzt nicht noch Nachbarn, um zu hören was los war. Ein drittes Mal wollte er das nicht sagen.

Aleksey

Sein Boss wischte seine Unsicherheit mit entschiedenen Worten fort. Er war der Überzeugung, daß das Opfer bereits tot war, als es fortbewegt wurde, das legte das viele Blut unten schließlich nahe und in diesem Fall wäre es nach seiner Meinung kein Problem den leblosen Körper auch kletternder Weise zu bewegen. Wenn dieses Wesen wirklich über drei Meter groß war und noch dazu tatsächlich ein Mischwesen aus Mensch und Wolf, dann war es bestimmt stark genug das zu tun, wurde Aleks klar.

Dann jedoch hatte sein Boss ein anderes Problem, daß er selbst noch nicht so recht bedacht hatte. Unter der Plattform waren keine Blutstropfen zu sehen gewesen. Wenn man einen ausblutenden Körper hier herum getragen hatte, dann sollte das doch wohl aber der Fall sein... außer er war verpackt oder etwas in der Art. Einen ähnlichen Gedanken schien sein Chef auch zu haben, denn er fragte wie intelligent Aleks einen Werwolf einschätzte. Bevor er jedoch antworten konnte, jagte sein Boss ihn weiter hoch.

Während sie nun nach oben stiegen, teilte Aleksey seine Überlegung dazu mit: „Nun, ich kenne dazu zwei Theorien, würde ich sagen. Nach der einen, haben Werwölfe in etwa die Intelligenz eines gut abgerichteten Wachhundes, keine eigene Kreativität oder Initiative, aber in der Lage Befehle genau auszuführen.“ Das war zum Beispiel der Fall, wenn man auch an Vampire glaubte, die sich nach manchen Sagen Werwölfe abrichteten um sie als Schutzwachen zu halten, aber diesen Teil der Theorie behielt Aleks lieber erst mal für sich, sonst würde es vielleicht zu haarsträubend. Außerdem deutete die eklatante Verschwendung von Blut hier nicht unbedingt auf eine Verbindung zu einem Vampir hin. „Grundsätzlich sind es ja Mischwesen aus Wolf und Mensch, also kann man natürlich auch davon ausgehen, daß die menschliche Intelligenz erhalten bleibt und nur die Kräfte des Wolfes hinzu kommen. In dem Fall wäre der Werwolf eben so intelligent, wie der Mensch der dazu wurde.“

Auch wenn Aleks auf dem Weg nach oben die Augen so gut es ging aufhielt, sah er nicht wirklich einen Hinweis, daß das Wesen tatsächlich hier lang gekommen war. Als er den ersten Blick aufs Dach warf, wurde der junge Officer enttäuscht und für einen Moment kam er sich wie ein Idiot vor, daß er seinen Boss hier hochgejagt hatte. Doch als sie von der Feuerleiter auf das Dach traten, sahen sie es. Eine riesige Blutpfütze halb bedeckt von Schnee der sich jedoch rot färbte. Also doch!

„Er war hier!“, stieß Aleks erleichtert aus. Allerdings verlor sich die Spur hier auch erneut. Auf dem festen Dach gab es keine Fußabdrücke die sie verfolgen konnten. Einen offensichtlichen Weg, wie eine weitere Feuerleiter gab es auch nicht. Aleks lief über das Dach auf die Wartungsluke zu, aber die war von außen nicht zu öffnen und sah auch so aus, als sei sie lange nicht mehr genutzt worden, wenn man sich das sprießende Moos an der Dichtung so betrachtete.

„Ich glaube nicht, daß er hier lang ist“, entschied Aleks. Als er sich wieder aufrichtete, sah er aber über den Rand des Gebäudes auf ein Nebengebäude, das wohl einen Stock kleiner war. „Und was, wenn er auf eines der Nebengebäude gesprungen ist?“ Zwischen den beiden Gebäuden lag zwar die Gasse, aber wenn das Wesen wirklich so groß und kräftig war und etwas Anlauf nahm, dann konnte es vielleicht sogar diesen Sprung schaffen. Vielleicht war ja auch das Gebäude auf der anderen Seite näher?